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THE MEDIA INTO THE HANDS OF THE MASSES! UTOPIAN HOPE GLOW OR REALITY SHOW?
frenesi@kein.orghttp://www2.snm-hgkz.ch/~thomas/proxivision/trocchi.html [de] [ english translation ] DIE MEDIEN IN DIE HÄNDE DER MASSEN! UTOPISCHER HOFFNUNGSSCHIMMER ODER REALITY-SHOW? von Agnese Trocchi, 2004 Wenn wir uns den Horizont der Massenmedien anschauen, erkennen wir verschiedene Bereiche: auf der einen Seite eine Vision von kleinen unabhängigen Mediengruppen, Einzelinitiativen oder offene Strukturen, welche miteinander durch Netzwerke verbunden sind. Auf der anderen Seite sehen wir die kommerziellen, privaten und Mainstream-Medien, welche heute, mehr denn je, Waffen in der Hand von Banditen (bad shooters) sind. Die italienische TV-Landschaft ist ein Spielfeld, auf dem das Telestreet-Netzwerk nicht nur eine Reaktion auf Premierminister Berlusconis Kommunikationsmonopol ist (er ist bloss ein Akteur der globalen Business-Eliten), sondern aus dem Bewusstsein entsteht, dass Fernsehen eine biopolitische Waffe ist. Die Telestreets sind die natürliche Reaktion der Beraubten... beraubt der Rechte zu Kommunizieren und beraubt der Werkzeuge zu kommunizieren. Während der letzten zehn Jahre konnten wir die zunehmende Verbreitung von Kommunikationstechnologien beobachten, einen breiteren Zugang zu Produktionswerkzeugen im Medienbereich, und ein erhöhtes Bewusstsein der eigenen Möglichkeiten, sich auszudrücken. Diese Situation begünstigt die Verwandlung des TV-Konsumenten in einen Produzenten: Consumer-Technologie kann umfunktioniert werden und Ihr könnt Euren Videorekorder und Elektro-Schrott in eine Mikro-TV-Station verwandeln. Wer eine kleine TV-Station betreibt, versteht in einem praktischen Sinn wie wichtig es für alle ist, seine/ihre Lebenszeit der Logik des Marktes zu entreissen. Selber Fernsehen machen ist ein perfektes Alibi, auf neue Weise Zeit gemeinsam zu verbringen, neue Beziehungen zu knüpfen. Eine kleine TV-Station ist ein Treffpunkt für die Arbeit an gemeinsamen Projekten und dafür, unser Leben zu verändern. Das Telestreet-Netzwerk muss auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten arbeiten: die Verteidigung von unabhängigen autonomen Medienzonen ist genauso wichtig wie das Einschleusen von Sprachviren in den täglichen Fluss des Bewusstseins mittels Praktiken des Subvertizings. Der Aufbau neuer Bereiche in der gegenwärtigen Mediensphäre ist eine revolutionäre Geste mit Ziel der Entblössung des Status Quo des Elfenbeinturms der Kommunikation, das Benutzen des Internets für den Austausch kreativer Ressourcen ist ein trojanisches Pferd für diese neue Mediensphäre. Einer der Kämpfe, die es für eine schöne neue Medienwelt auszutragen gilt, findet auf dem Kampfplatz einer neuen sozialen Klasse statt: dem Publikum. Vor dem Fernseher zu sitzen ist eine produktive Aktivität. Zeit und Aufmerksamkeit werden dabei in Güter transformiert. Im Fernsehen sind nicht die Programme das Produkt. Es sind noch nicht einmal die Artikel, welche angepriesen werden. Das Produkt ist das Publikum. Der Markt verkauft das Publikum. Publikumsmanagement zielt auf eine Sättigung von Zeit und sozialer Aufmerksamkeit, beides knappe Ressourcen, nicht auf das Schaffen eines Konsens. In der so genannten Informationsgesellschaft zielt die Rückforderung von Kommunikation als Gemeingut auf den Mechanismus der Werteproduktion - und darum auf den potentiellen Mechanismus der Umverteilung von Reichtum und Wohlstand. Wenn Fernsehen - als biopolitische Maschine - dazu benutzt wird, gesellschaftliche Zeit zu besetzen und zu organisieren anstatt Ideologien zu verbreiten, ist es unmöglich, irgendeinen Akt der Konfrontation im Kontext einer Strömung (flow) zu verorten, welche bereits gesättigt ist. Der Konsument, dem die Verwahrer des Mediums zu dienen geloben, ist in der Tat bereits bedient. Die Rückforderung des Zugriffs auf die Fernsehprogramme wird wohl zur Erkenntnis der marginalen Rolle führen, welche diese Rückforderung für die Umgestaltung zukünftiger Medien hat. Stattdessen führt Telestreet eine radikale Kritik an Medienkommunikation ein. Komplexität erfordert Zeit und Beharrlichkeit. "Telestreets" ist die Botschaft: wir müssen ein Netzwerk aus einer Vielzahl von offenen Sendepunkten aufbauen, welches fähig ist, die Wahrnehmung und das soziale Verhalten rund um das Medium Fernsehen zu verändern. Was bereits passiert, ist folgendes: das Publikum, seinem natürlichen Instinkt zu konsumieren folgend, entwickelt die Fähigkeiten, online ihre Lieblings-Show oder den neusten Hollywood-Streifen zu finden und dann einfach zu Hause runterzuladen. Die steigende Erfahrung im Umgang mit dem Internet und mit File-Sharing führt die Konsumenten in Netzwerke ein, in denen nicht nur raubkopiertes Material zirkuliert, sondern auch die Produktionen unabhängiger MedienproduzentInnen. Diese unabhängigen Produktionen gehören zu einer Sphäre, welche eine Alternative zum Markt der Gebrauchsartikel darstellt. Die Telestreets aktivieren eine Geflecht von Beziehungen zwischen duzenden von Realitäten, überall. Einen Mikro-TV Kanal zu betreiben bedeutet, Fernsehen in ein Laboratorium zu verwandeln: wir können das neue Potential dieses Mediums erforschen. Es ist ein Spiel, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern, wenn Ihr gern gestaltet, oder wenn Ihr Wissen im Bereich der Elektronik habt, oder ein Show man sein wollt.. Hier könnt Ihr endlich spielen und Eure Ideen (mit)teilen. Die prismatische Verteilung des Netzwerks ist eine fundamentale Quelle verschiedener Wissenformen, für den Austausch von Fähigkeiten und das Teilen (sharing) von Material. Projekte wie New Global Vision (http://www.ngvision.org) unterstützen die Telestreets mit einer Plattform zum Sammeln und Verteilen von Videos im Internet mittels Peer-to-Peer Netzwerken. Dieser Mechanismus erleichtert die Zirkulation von Inhalten zwischen unabhängigen Produzenten und erhöht die Überlebensfähigkeit jedes einzelnen Mikro-TV Senders: das Programm aufzufüllen und ein tägliches Palimpsest zu erstellen ist in der Tat eines der "teuersten" Bedürfnisse. Videofilme Online zu "sharen" ist eine vitale Praxis für die Telestreets und unabhängige Videoproduzenten, entgegen dem blindwütigen neuen italienischen Gesetzesentwurf des Kulturministers, Giuliano Urbani, welcher besagt, dass das Benutzen aller Mittel, inklusive Peer-to-Peer Netzwerke, um audiovisuelles Material oder Software zu tauschen, als Strafakt mit bis zu 6 Jahren Gefängnis und der Beschlagnahme aller Hardware und Inhalte geahndet werden soll. Jede «kreative Arbeit», die im Netz veröffentlicht wird, soll mit einer Lizenz des SIAE (Italienische Vereinigung der Redakteure und Autoren) versehen werden. Erschreckende, unglaubliche Zukunftsaussichten jagen uns, und das ist kein Sci-Fi Skript, das hier ist eine Reality-Show, in der wir, als Publikum, alle die Gefangenen sind. Und es passiert genau jetzt. Um andere Skripts zu schreiben, welche wir spielen wollen, müssen wir eine kritische Masse im Bewusstsein unserer Macht sein: ein kleines virales Zeichen kann sich vervielfachen, wenn sich Kommunikation nicht mehr One-to-Many sondern Many-to-Many ereignet. Dank an Telefermento and SpegnilaTV (filmrizoma@libero.it) Übersetzung: Thomas Comiotto VERWEISE: Telestreet www.radioalice.org/nuovatelestreet/index.php NewGlobalVision www.ngvision.org V2V www.v2v.cc CandidaTV www.candidatv.tv Information zum Urbani Gesetz: http://italy.indymedia.org/features/cyber |
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